Artikel aus dem Brennstoffspiegel (Logistik-Extra Ausgabe Oktober 2017)
Energiehändler und Lagerbetreiber
Mineralölmittelständler, die auch ein großes Tanklager betreiben, gibt es nicht so viele. Einer von ihnen ist Armin Günther, der das Familienunternehmen V. W. Günther in Bebra bereits in dritter Generation leitet.
Schon über 90 Jahre betreiben die Günthers einen Mineralölhandel im nordöstlichen Hessen und seit der Wiedervereinigung auch in Thüringen. 1923 gründete Valentin Wilhelm Günther das Familienunternehmen, das noch heute seinen Namen trägt. Das Sortiment ist breit gefächert und reicht von Heizöl über Holzpellets und Kraft- und Schmierstoffen bis zu Strom und Erdgas, die erst in jüngster Zeit hinzugekommen sind. Außerdem gibt es die Günther Tank, die sich auf den Betrieb von rund 20 BFT und Aral-Tankstellen spezialisiert hat.
Das Besondere an dem Mittelständler, der seit Anfang der 1980er-Jahre in Bebra seinen Firmensitz hat, ist aber das große Tanklager. In vier Tanks passen insgesamt 11,5 Millionen Liter. Drei davon haben ein Fassungsvermögen von je 3,5 Millionen Liter – zwei für Dieselkraftstoff und einer für Heizöl. Der kleinere vierte Tank ist für Biodiesel vorgesehen, um noch flexibler auf die Nachfrage reagieren zu können. Der Dieselkraftstoff wird fertig geblendet, direkt aus dem Tank abgegeben. „An der Bühne zu blenden, ist teurer und anfälliger und eine Endpunktdosierung ist nicht nötig, da immer das gleiche Blendingverhältnis besteht, was durch regelmäßige Kontrollen bestätigt wird“, erklärt Armin Günther. Sofern der abholende Händler nicht selbst am Tankwagen additiviert, findet die Additivierung an der Bühne statt, wobei unterschiedliche Blendraten eingestellt werden können.
Schon sein Vater bezog in den 1970er-Jahren Mineralöl aus Leuna. Das hat sich bis heute fortgesetzt und bescherte dem Firmenchef in diesem Jahr eine kleine Durststrecke, als Leuna drei Monate stillstand. „Gleichzeitig gab es auch noch Niedrigwasser auf dem Rhein, sodass alle ungünstigen Umstände zusammenkamen und wir mächtig zu kämpfen hatten“, berichtet er.
Normalerweise wird das Lager per Bahn beliefert. Zehn bis zwölf Ganzzüge zu je 1.600 bis 1.700 Kubikmeter werden pro Monat abgefertigt – jeweils in Fünfergruppen an den zur Verfügung stehenden fünf Entladestellen. Wenn die Bahn es ermöglichen kann, kommen maximal 24 Waggons in einem Zug, der dann 1.900 Kubikmeter bringt. Der Biodiesel wird mit dem Tankwagen angeliefert und direkt in den Tank geblendet.
Neben seinen eigenen Tankfahrzeugen versorgt Günther den umliegenden Handel an der eigenen Ladebühne. Formel- und Festpreisverträge über unterschiedliche Laufzeiten bilden die Grundlage für die monatliche Vorausplanung der Bahnbelieferung.
Tanksystem optimiert
Allein aus der kurzen Beschreibung wird deutlich, wie viele Abläufe hier zu koordinieren sind und zuverlässig funktionieren müssen und welche Datenmenge dabei anfällt, die an die richtigen Stellen weitergeleitet werden muss.
Um das in hoher Qualität zu gewährleisten, ließ Günther sein Tanklager von der Firma Rotan – einem Spezialisten für Rohrleitungsbau und Tanklager aus Leuna – komplett sanieren. Rotan übernahm die Planung und Automatisierung des Lagers und installierte die Hardware, wie Rohrleitungen, Anlagensteuerungen und Messtechnik, berichtet André Zarse, Bereichsleiter EMSR-Technik, Tanklager. Für Armin Günther ist das Unternehmen ein idealer Partner: „Wir sind beide Mittelständler, jeder weiß, was er zu tun hat und die Zusammenarbeit klappte ohne Komplikationen.“
Und dann kam der nächste Partner ins Spiel, der genau die gleichen Vorzüge für ein gut laufendes, gemeinsames Projekt mitbrachte und Rotan bereits gut kannte: Das Softwarehaus Minova. Die Wege zwischen beiden Dienstleistern sind kurz und technische Fragen können somit unkompliziert gelöst werden. „Unsere Aufgabe war es nun, die Daten, die aus der Anlagentechnik zur Verfügung gestellt werden in einem übersichtlichen und flexiblen System zusammenzufügen, mit dem sich alle Prozesse im Lager leicht und sicher steuern lassen“, erklärte Ulf Katzenberger von Minova. Sein Unternehmen ist quasi der Mittler zwischen Verladetechnik, Steuertechnik und Datenauswertung. Die Software läuft inzwischen seit Anfang des Jahres und hat sich bereits bestens bewährt.
Das beginnt, wenn der Tankwagenfahrer am Lager ankommt. Nach der Eingabe der Identifikationsnummern werden alle hinterlegten Daten geprüft – zum Fahrzeug, zum Fahrer und auch zum Kontingent, das für sein Unternehmen zur Verfügung steht. Nur wenn alles passt – auch die sicherheitsrelevanten Kriterien – wird die Einfahrt mit Zuweisung einer Fahrspur freigegeben. Das System gewährleistet so, dass Günther seinen Beladerpflichten nachkommt.
Nachdem sich der Fahrer mit seiner ID-Nummer an der Verladebühne nochmals identifiziert hat, kann er seine Lademenge sowie die Kammern eingeben und die Verladung starten. Ist der Ladevorgang abgeschlossen, werden Mengen gegen die verwendeten Kontingente gebucht und der Fahrer erhält an der Ausfahrt seinen ausgedruckten Beleg. Dadurch hat Günther stets die Sicherheit, dass der Kunde nur so viel Ware lädt, wie sein Kontrakt zulässt. Am Monatsende ermöglicht das neue System den Abgleich des Buch- mit dem Inventarbestand. Die notwendigen Unterlagen für die Energiesteuer werden automatisiert erzeugt.
Der Expedient kann am Monitor alle Tankvorgänge verfolgen und alle Daten einsehen. Wenn der Prozess sauber läuft, muss er nicht eingreifen. Gleichzeitig bietet das System den Vorteil der Vernetzung. So kann jeder Zugriffsberechtigte auf das Tanklagersystem zugreifen und Daten aufrufen. Dank der neuen Technik läuft der Lagerbetrieb vollautomatisch, 24 Stunden am Tag. „So können wir nun mehr Kunden ansprechen, auch solche, die Tag und Nacht fahren“, sagt Günther. Sein Urteil zu den beiden Projektpartnern: „Ich habe einfach den Eindruck, die verstehen was von ihrem Geschäft.“ Das Vertrauen ist daher hoch und das Gefühl, sich auf einander verlassen zu können ebenso.